Mabel und Jack sind ein nicht mehr ganz
junges Ehepaar. Ihre ungewollte Kinderlosigkeit hat ihr Leben in
Trauer in Schweigen getaucht. Rigeros beschließen sie, in der
Wildnis Alaskas einen Neuanfang zu wagen. Weit entfernt von Freunden
und Bekannten möchten sie ganz für sich leben. Besonders Mabel
besteht auf den völligen Kontaktabbruch zur Außenwelt. Der Alltag
und das Klima sind härter als gedacht und Mabel und Jack gelangen
sowohl körperlich als auch finanziell an ihre Grenzen.
Der erste Neuschnee weckt in ihnen eine
fast kindliche Freude und in einem Augenblick der Ausgelassenheit
bauen sie ein Mädchen aus Schnee. Am nächsten Morgen machen die
Eheleute zwei merkwürdige Entdeckungen – die Schneefigur ist
verschwunden und ein kleines Mädchen stromert scheinbar herrenlos
durch den Wald...
Eowyn Ivey erschafft mit ihrem ersten
Roman eine Welt, auf die man sich nur allzu gerne einlässt. Sie
zeichnet eine wunderbar winterliche Atmosphäre, so dass man es kaum
noch abwarten kann, selbst wieder durch Schneelandschaften zu stapfen
und eine Sehnsucht nach Winter fühlt.
Die zentrale Frage die sich beim Leser
stellt ist die Herkunft des kleinen Mädchens. Ist das Schneekind
tatsächlich zu Leben erwacht? Der Bezug zu einem russischen Märchen
schürt diesen Verdacht. Die Dialoge mit dem Kind heben sich von den
übrigen Gesprächen durch fehlende Anführungszeichen ab, was die
Überlegung aufwirft, ob die Unterhaltungen wirklich stattfinden oder
nur ein Produkt der Phantasie sind.
Oder gibt es für all das vielleicht
doch eine logische Erklärung – ein Waisenkind, zurückgelassen im
Wald?
Der Wunsch hinter das Geheimnis des
Kindes zu kommen lässt den Leser nicht mehr los. Aber was das
Mädchen auch ist, es scheint eine magische Ausstrahlung zu haben.
Das einst so triste Leben von Mabel und Jack nimmt eine positive
Wendung. Beide gewinnen an Lebensfreude zurück und auch ihre Liebe
zueinander keimt neu auf. Mabel gibt ihren Wunsch nach kompletter
Einsamkeit auf und findet in der Nachbarsfrau Esther eine gute
Freundin. In Zeiten der Not erkennt sie wie wichtig es ist, sich auf
eine ehrliche Freundschaft verlassen zu können.
„Das Schneemädchen“ ist ein
zauberhaftes Buch, das den Leser komplett entführt. Eowyn Ivey
schreibt so lebendig, dass man beim Lesen alles um sich herum
vergisst und sich vollständig in den Weiten Alaskas verliert.
Der Autorin gelingt es spielend, die
von ihr beschriebenen Emotionen zu transportieren und so leidet,
lacht und weint man mit den Protagonisten mit.
Nur schweren Herzens habe ich, auf der
letzten Seite angekommen, das Buch geschlossen.
Ein absolut lesenswertes Debüt!
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