Leseliste

Dienstag, 25. September 2012

"Das Schneemädchen" von Eowyn Ivey


Mabel und Jack sind ein nicht mehr ganz junges Ehepaar. Ihre ungewollte Kinderlosigkeit hat ihr Leben in Trauer in Schweigen getaucht. Rigeros beschließen sie, in der Wildnis Alaskas einen Neuanfang zu wagen. Weit entfernt von Freunden und Bekannten möchten sie ganz für sich leben. Besonders Mabel besteht auf den völligen Kontaktabbruch zur Außenwelt. Der Alltag und das Klima sind härter als gedacht und Mabel und Jack gelangen sowohl körperlich als auch finanziell an ihre Grenzen.
Der erste Neuschnee weckt in ihnen eine fast kindliche Freude und in einem Augenblick der Ausgelassenheit bauen sie ein Mädchen aus Schnee. Am nächsten Morgen machen die Eheleute zwei merkwürdige Entdeckungen – die Schneefigur ist verschwunden und ein kleines Mädchen stromert scheinbar herrenlos durch den Wald...

Eowyn Ivey erschafft mit ihrem ersten Roman eine Welt, auf die man sich nur allzu gerne einlässt. Sie zeichnet eine wunderbar winterliche Atmosphäre, so dass man es kaum noch abwarten kann, selbst wieder durch Schneelandschaften zu stapfen und eine Sehnsucht nach Winter fühlt.

Die zentrale Frage die sich beim Leser stellt ist die Herkunft des kleinen Mädchens. Ist das Schneekind tatsächlich zu Leben erwacht? Der Bezug zu einem russischen Märchen schürt diesen Verdacht. Die Dialoge mit dem Kind heben sich von den übrigen Gesprächen durch fehlende Anführungszeichen ab, was die Überlegung aufwirft, ob die Unterhaltungen wirklich stattfinden oder nur ein Produkt der Phantasie sind.
Oder gibt es für all das vielleicht doch eine logische Erklärung – ein Waisenkind, zurückgelassen im Wald?

Der Wunsch hinter das Geheimnis des Kindes zu kommen lässt den Leser nicht mehr los. Aber was das Mädchen auch ist, es scheint eine magische Ausstrahlung zu haben. Das einst so triste Leben von Mabel und Jack nimmt eine positive Wendung. Beide gewinnen an Lebensfreude zurück und auch ihre Liebe zueinander keimt neu auf. Mabel gibt ihren Wunsch nach kompletter Einsamkeit auf und findet in der Nachbarsfrau Esther eine gute Freundin. In Zeiten der Not erkennt sie wie wichtig es ist, sich auf eine ehrliche Freundschaft verlassen zu können.

„Das Schneemädchen“ ist ein zauberhaftes Buch, das den Leser komplett entführt. Eowyn Ivey schreibt so lebendig, dass man beim Lesen alles um sich herum vergisst und sich vollständig in den Weiten Alaskas verliert.
Der Autorin gelingt es spielend, die von ihr beschriebenen Emotionen zu transportieren und so leidet, lacht und weint man mit den Protagonisten mit.
Nur schweren Herzens habe ich, auf der letzten Seite angekommen, das Buch geschlossen.
Ein absolut lesenswertes Debüt!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen